Tausende obdachlose Schüler

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Die Zahl von Schülern in New York City, die in Obdachlosenheimen leben, stieg im letzten Jahr von 4.000 auf 33.000. Fast die Hälfte der Schüler der P.S. 188, einer öffentlichen Schule in Manhattan, sind ohne festen Wohnsitz. Die P.S. 188 hat sich auf diese Situation eingestellt.

Unterrichtsfach „Soziales Handeln“ in der P.S. 188, eine öffentliche Schule in Manhattan. Die Stunde ist fast vorbei und die 11-jährige Essence verspeist, was sie gerade zubereitet hat: „Gekochte Würmer. Sie sind eine Proteinquelle und gut für die Umwelt.“

Der Lieblingslehrer von Essence ist Lou Lahana. Er hat den Kurs vor zwei Jahren ins Leben gerufen. „Ich bringe den Kindern sozialen Aktivismus bei. Sie suchen sich ein soziales Problem aus und befassen sich damit. Sie kochen, bearbeiten Holz oder benutzen den 3D-Drucker, um auf diese Probleme aufmerksam zu machen.“

Fast die Hälfte der Schüler ist ohne festen Wohnsitz

Andere Schüler in seinem Kurs befassen sich mit Armut und Obdachlosigkeit – soziale Themen, von denen sie selbst betroffen sind: fast die Hälfte der rund 500 Schüler von P.S. 188 ist ohne festen Wohnsitz – und lebt in temporären Notunterkünften ohne Platz, um Hausaufgaben zu erledigen, zu spielen oder sich auszuruhen, weil die Eltern die rasant steigenden New Yorker Mieten nicht mehr bezahlen können.

Die Schule mit Klassenstufen vom Vorkindergarten bis zum achten Schuljahr bietet den Kindern drei kostenlose Mahlzeiten pro Tag an, eine Schuluniform bekommen sie ebenfalls gratis. Die Türen der Schule, die sich über drei Etagen eines Gebäudes erstreckt, das zwischen riesigen öffentlichen Wohnkomplexen und Notunterkünften auf der Lower East Side zu finden ist, sind von Montag bis Freitag bis 19 Uhr und auch Samstags offen. Auf einem Flur unterbricht die Erziehungshelferin Mirta Rosales einen heftigen Streit zwischen zwei Jungen. „Excuse me.“

Das Vertrauen der zumeist afro- und hispano- amerikanischen Schülern aus einkommensschwachen Familien zu gewinnen, ist der Schlüssel zum Erfolg von P.S. 188, sagt Schulleiterin Suany Ramos. Denn 60 Prozent aller obdachlosen Schüler sind laut New York Times chronisch abwesend vom Schulunterricht. Doch damit will sich die gebürtige Venezolanerin, die die Stelle vor zwei Jahren angenommen hat, nicht abfinden.

„Die meisten Schüler sind verunsichert, weil sie häusliche Gewalt und den Verlust ihrer Wohnung erleben mussten. Wir wollen, dass sie sich bei uns wie zu Hause fühlen. Wir geben ihnen genug zu essen und wir bilden sie aus.“

Nächstes Ziel: die Schule soll sieben Tage die Woche öffnen

Die  Schule wird maßgeblich durch Zuschüsse von Staat, Stadt und privaten Geldgebern gefördert. Die P.S. 188 kann sich deshalb auch eine Krankenschwester leisten und hat zwei Therapeuten eingestellt, die eng mit den Lehrern zusammenarbeiten, um die Entwicklung ihrer Schützlinge zu beobachten. Ramos und ihre Mitarbeiter befassen sich aber auch mit den Eltern der Schulkinder: Sie erhalten Englischunterricht und Hilfe bei der Erstellung von Lebensläufen zur Jobsuche.

Und einmal  die Woche dürfen sie die Waschmaschine und den Trockner der Schule für ihre Wäsche benutzen – kostenlos. Die Erziehungshelferin Mirta Rosales ist sich sicher, dass für eine gute Beziehung zwischen Schülern, Eltern und Lehrern gar nicht genug getan werden kann.

„Wir haben jetzt sogar einen Kochkurs für Kinder und Eltern gestartet, der jeden Samstag stattfindet. Bei unserem ersten Treffen gab es Quinoa, Salat und Brathähnchen.“ Doch trotz des hohen Arbeitspensums – Schulleiterin Ramos ist noch lange nicht zufrieden. „Unser nächstes Ziel ist, die Schule sieben Tage die Woche bis spät in die Nacht offen zu halten, damit einige unserer besonders gefährdeten Familien mehr Zeit bei uns verbringen können. Leider arbeiten wir schon jetzt bis zu dreizehn Stunden am Tag, aber ich suche überall nach Freiwilligen, die uns zu später Stunde aushelfen können.“

Schulmitarbeiter Jason Hasko ist von der Idee begeistert. Die Familien sind froh über die Angebote der Schule und machen regen Gebrauch davon, sagt er. „Sie sind Kämpfer. Sie wollen sich engagieren und sind bereit, hart zu arbeiten, um sich ein besseres Leben aufzubauen.“

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